Gedankenwirrwarr

Eigentlich wollte ich zu diesem ganzen Coronavirus nichts schreiben. Das machen alle. Das ist so Mainstream. Und außerdem kann man’s ja auch schon nicht mehr hören, sehen, lesen.
Aber auf der anderen Seite ist es nun mal so, dass Corona unser aller Leben irgendwie verändert. Und jeder macht sich so seine Gedanken, wie es weitergeht.

Heute war mein vorerst letzter Arbeitstag. Das wusste ich vorher schon. Trozdem konnte ich mich da nicht wirklich drauf vorbereiten. Es ist nicht wie bei einer OP oder bei einem Termin bei der Bank, wo man sich gedanklich vorbereiten kann und weiß, was auf einen zukommt. Mein Papa hat mich heute morgen auf die Arbeit gefahren. Das war ein wirklich merkwürdiges Gefühl. Ich könnte mir vorstellen, dass es entfernt dem ähnelt, was ein Kandidat für die Todesstrafe bei seinem letzten Gang fühlt. Die Ungewissheit was danach kommt. Ist das wirklich das Ende? Oder gibt es etwas nach dem Ende?
Nun, das Ende wird es nicht sein, dass ist sicher. In irgendeiner Form wird es weiter gehen. Doch in welcher? Wenn ich wieder arbeiten gehe, werde ich die gleichen Leute sehen wie vor der Schließung? Und wenn, welche Schicksale haben diese Leute vielleicht erlitten? Was für Opfer mussten sie bringen und haben sie etwas verloren? Oder vielleicht jemanden? …
All das geht mir durch den Kopf.
Und auch wenn mir beim Abschied versichert wurde, dass es weitergehen wird, irgendwann, war doch auch eine gewaltige Unsicherheit zu spüren.

Aber ich denke auch über mich nach. Wie mich das alles verändert. Mein Handeln und mein Denken. Es kommen neue Ängste hinzu, mit denen ich mich auseinandersetzen muss. Das geht sicher jedem von uns so. Und ich merke jetzt schon, obwohl ich heute noch arbeiten war und morgen erst der erste Tag daheim ist, dass mich das ganz schon jetzt runterzieht. Natürlich habe ich Pläne, die ich umsetzen will, damit genau das nicht passiert. Aufgaben wie Ausmisten und Aussortieren, Frühjahrsputz, eventuell eine Sprache lernen. Und natürlich kochen. Ich will viel kochen. Habe ich mir zumindest vorgenommen. Ich will nicht einschlafen. Nicht auf die Arbeit kommen, wenn wieder geöffnet wird und feststellen, dass ich keine Kreativität mehr besitze. Und Fotos will ich auch machen. Jede Menge. Aber was, wenn das nicht mehr geht? Was mache ich, wenn es wirklich zu einer Ausgangssperre kommt?

Ich bin nicht der größte oder beste Schreiber. Die richtigen Worte zu finden fällt mir oft schwer. Aber ich hatte das Bedürfnis, zu schreiben. Vielleicht habe ich das demnächst ja öfter.

Abschließend gibt es Menschen, bei denen ich mich bedanken möchte und an die ich, trotz mancher Differenz, denken werde:

Sina, Marcel, Vicky, Yeliz, Ali, Jennet, Riaz, Sawar, Abdul, Sebastian, Kathleen, Kerstin, Kathrin, Isabell, Bianca, Gunnar, Rene, Tina, Paolo, Julia, Bene, David, Silvy, Karola, Mohsin, Gregor, Tim, Maureen, Jil, Jil, Michelle, Philip, Jasmin, Chiara, Anna, Blerina, Jonathan, Taufik, Selina, Marcus, Tahsin, Tsegay, Yodit.

Bleibt Gesund.


Eine Antwort zu “Gedankenwirrwarr”

  1. KAT sagt:

    Lieber Julian,
    vielen Dank für deine offenen Worte und den Einblick in deine Gefühlswelt.
    Ich denke uns allen geht es aktuell ähnlich und zum ersten Mal hat man das Gefühl, dass alle „gleich“ sind. Egal wie viel Geld man besitzt, jeder kann sich anstecken. Man fühlt sich so machtlos gegenüber dem „unsichtbaren Feind“ und kann es eigentlich momentan nur über sich ergehen lassen. Vor einer Woche noch hatten wir ganz andere Pläne, doch diese rasante Dynamik scheint nicht aufhaltbar.
    Bei all unseren Ängsten, Sorgen und Nöten bitte ich euch einfach, die positiven Aspekte nie aus den Augen zu verlieren. Auf einmal wird uns bewusst, wie gut es uns eigentlich geht. Die gute medizinische Versorgung in Deutschland, die Freiheiten die wir haben, den Job den wir auf einmal vermissen, Freunde und Familie die uns so sehr am Herzen liegen… Ich glaube, dass wir all dies vor allem jetzt und auch „danach“ viel bewusster wahrnehmen werden und mehr zu schätzen wissen.
    Schon jetzt sieht man tolle Nachbarschaftshilfe, die Menschen nehmen sich wieder viel bewusster war, feiern Balkonparties, sind kreativ… versteh es als Chance!
    Ich vermisse euch schon jetzt riesig! Jeden einzelnen! Ihr seid so wichtig für unser Hotel und für unser Leben! Der ein oder andere hat das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, weil es ja auch ohne euch geht. Aber das stimmt nicht! Wir brauchen euch und werden das gemeinsam durchstehen – wir haben es verdient! Ich glaube an uns!
    Und wenn du mich in ein paar Wochen nicht mit einem geilen Gericht und der Begrüßung auf einer anderen Sprache überraschst, dann gibt es echt Stress mit mir Bleibt stabil!
    Eure Kat

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